Durch Art. 12 des Steueränderungsgesetzes 2015 vom 2. November 2015 wurden die Regelungen zur Unternehmereigenschaft von juristischen Personen des öffentlichen Rechts neu gefasst. Die Änderungen sind am 1. Januar 2016 in Kraft getreten und wirken ab 1. Januar 2017.

Inhalt der Neuregelung

Die Neuregelung führt bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts, und damit auch bei den Gemeinden und kommunalen Zweckverbände (VG, Schulverbände, Bauhofgemeinschaft), zu gravierenden Veränderungen bei der Besteuerung von Lieferungen von Leistungen.

Bisher waren die juristischen Personen des öffentlichen Rechts nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (BgA) umsatzsteuerpflichtig (u. a. die Wasserversorgungsanlagen der Gemeinden). Dabei galt eine Umsatzgrenze von 30.678 € (für jeden BgA) für die Umsatzsteuerpflicht. Der gesamte Bereich der Vermögensverwaltung, der hoheitliche Bereich und die Beistandsleistungen (Leistungen einer Kommune für eine andere Kommune) waren nicht steuerbar.

Der neue § 2 b UStG, auf Grundlage von Unionsrecht (Art. 13 Mehrwertsteuersystemrichtlinie – MwStSystRL), bestimmt nun, dass sämtliche privatrechtlichen Entgelte stets der Umsatzsteuer unterliegen.
Im hoheitlichen Bereich gelten die juristischen Personen des öffentlichen Rechts auch als Steuerpflichtige, sofern eine Behandlung als Nichtsteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat zu diesem Thema in seiner neueren Rechtsprechung bereits eine Reihe von Urteile ausgesprochen. Zum Beispiel wird die bisherige 30.678 €-Grenze nicht mehr anerkannt, die Leistungen im Rahmen der Vermögensverwaltung sind steuerbar und die Beistandsleistungen werden nicht mehr anerkannt. Für die Gemeinde Hohenroth würde dies konkret bedeuten, dass sämtliche Umsätze ab dem 01.01.2017 mit Umsatzsteuer verrechnet werden müssen. Damit soll aus steuerlicher Sicht eine Gleichstellung mit Betrieben der Privatwirtschaft erreicht werden.

Der Gesetzgeber hat dazu eine Übergangsregelung in § 27 Abs. 22 UStG vorgesehen, welche für die Gemeinde Hohenroth zur Anwendung kommen soll (s. u.). Diese Regelung sieht vor, dass das „alte“ Recht bis 31.12.2020 weiter angewendet wird. Ab 01.01.2021 müssen dann alle Umsätze nach den o. g. Kriterien mit Umsatzsteuer verrechnet werden.

Die Umsetzung dieser steuerlichen Veränderungen ist für die Gemeinden und Verbände mit einem erheblichen Arbeitsaufwand verbunden. Alle verbuchten Einnahmen der Gemeinde Hohenroth sind nach ihrem Entstehungsgrund - privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich - zu differenzieren und ggf. in der Haushaltssystematik anzupassen. In einem weiteren Schritt sind alle Einnahmen aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht zu bewerten. Diese Bewertung ist zu dokumentieren um gegenüber dem Finanzamt die notwendigen Nachweise führen zu können.
Das aufgezeigte Arbeitspaket wirkt auf die künftige personelle Besetzung des Fachbereichs der Kämmerei sowohl während des Umstellungszeitraums als auch anschließend, nach Einführung des neuen Rechts. Der Bereich Steuerrecht der Kommunen und Verbände wird eine fachlich fundierte Personalergänzung erfordern.

Aufgrund der zum Teil nicht eindeutig beschriebenen Rechtsbegriffe in der Neuregelung ist noch mit einer Reihe von Verwaltungsanweisungen, Anwendungserlässe und Urteile in absehbarer Zeit zu rechnen. Das Bundesministerium der Finanzen hat bereits ein Schreiben zu den Regelungen in § 2 b UStG angekündigt, das voraussichtlich im Herbst/Winter 2016 veröffentlicht werden soll. Eine grundlegende Abweichung von der Absicht des Gesetzgebers zur künftigen Umsatzbesteuerung von Kommunen ist nicht zu erwarten. Ob es noch Sonderregelungen für Einzelfälle geben wird, hängt u. a. vom Einfluss der kommunalen Spitzenverbände ab.

Gegenüber dem Finanzamt sind künftig sämtliche Umsätze zu erklären (steuerbar und nicht steuerbar), damit eine Prüfung durch die Finanzverwaltung möglich ist. Unvollständig abgegebene Umsatzsteuererklärungen erfüllen den Tatbestand der Steuerhinterziehung.


Anwendung der Übergangsregelung des § 27 Abs. 22 UStG

Der § 2 b in der am 1. Januar 2016 geltenden Fassung ist auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2016 ausgeführt werden (§ 27 Abs. 22 Satz 2 UStG). Im Kalenderjahr 2016 gelten somit die bestehenden Regelungen kraft Gesetzes weiter.

Nach § 27 Abs. 22 Satz 3 UStG kann jede juristische Person des öffentlichen Rechts, also auch die Gemeinde Hohenroth, dem Finanzamt gegenüber einmalig erklären, dass sie die bisherigen Regelungen bis zum 31.12.2020 weiterhin anwendet (Optionserklärung). Die Optionserklärung kann nur für sämtliche ausgeübte Tätigkeiten einheitlich abgegeben werden. Zuständig für die Entscheidung über die Abgabe ist der gesetzliche Vertreter, also der Gemeinderat. Abgabefrist für die Optionserklärung ist der 31. Dezember 2016 (nicht verlängerbare Ausschlussfrist).


Aufgrund der oben dargestellten gravierenden negativen Veränderungen für die Besteuerung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts wird seitens der Kämmerei zur Abgabe der Optionserklärung geraten. Damit gelten die alten Regelungen noch bis zum 31.12.2020 weiter. Die Optionserklärung wird schriftlich gegenüber dem Finanzamt abgegeben. Eine besondere Form ist nicht vorgeschrieben. Die Optionserklärung kann einmalig widerrufen werden (mit Wirkung zum folgenden Kalenderjahr). Nach einem Widerruf ist die Abgabe einer erneuten Optionserklärung ausgeschlossen.


Beschluss:

 

Der Gemeinderat Hohenroth beschließt auf Grundlage des § 27 Abs. 22 Satz 3 UStG bis spätestens 31.12.2016 gegenüber dem zuständigen Finanzamt zu erklären, dass die Gemeinde Hohenroth den § 2 Absatz 3 UStG in der am 31. Dezember 2015 geltenden Fassung für sämtliche nach dem 31. Dezember 2016 und vor dem 1. Januar 2021 ausgeführte Leistungen weiterhin anwendet (Optionserklärung).

Somit gelten für die Gemeinde Hohenroth noch bis zum 31.12.2020 die bisherigen Regelungen für die Umsatzbesteuerung weiter.

 

Die Verwaltung wird beauftragt, dem Finanzamt die Inanspruchnahme des Optionsrechts schriftlich mitzuteilen. Alle Leistungsentgelte der Gemeinde und die diesen zugrunde liegenden vertraglichen oder sonstigen Regelungen sind auf ihre künftige umsatzsteuerliche Relevanz zu überprüfen. Der im Rahmen der Umstellung ab 2017 ff. und nach Inkrafttreten der Neuregelung anfallende Arbeitsaufwand wird zu einer personellen Ergänzung im Fachbereich der Finanzverwaltung der VG führen.


Abstimmungsergebnis:

 

Ja-Stimmen:

15

Mitgliederzahl:

17

Nein-Stimmen:

0

Anwesend:

15