Sitzung: 12.10.2020 GHR/010/2020
In den Jahren 2017 und 2018 wurde die dritte TV-Inspektion der
Ortskanäle aller Ortsteile der Gemeinde Hohenroth durchgeführt. Inzwischen ist
die Auswertung durch den Abwasserverband Saale-Lauer abgeschlossen. Ein
Sanierungskonzept mit Kostenermittlung wurde erarbeitet.
Die Ergebnisse stellt Herr Freund in einer Präsentation vor. Die
Präsentation ist der Niederschrift als Anlage beigefügt.
Die Kosten für eine Sanierung aller Schäden am Kanalnetz – ohne
Hausanschlussleitungen – lägen bei ca. 2,45 Mio. Euro brutto, inkl. 10 %
Baunebenkosten.
Folgende Aspekte sind beim Umgang mit dem Ergebnis der Befahrung der
Ortskanäle zu berücksichtigen.
1.
Problem der „kleinen Netze“
Bei kleineren Kommunen wurden anders, als in großen Städten, häufig
große Teile des Netzes jeweils zur gleichen Zeit gebaut. Der Sanierungsbedarf
tritt daher nicht gestaffelt, sondern regelmäßig für größere zusammenhängende
Teile des Netzes auf.
2.
Technische Zustandsbewertung ohne aktuelle
hydraulische Berechnung
Die Ergebnisse der Befahrung beziehen sich ausschließlich auf den
optisch wahrnehmbaren äußeren Zustand der Kanäle. Die hydraulische
Leistungsfähigkeit wurde dabei nicht untersucht. Für das bestehende Netz
besteht keine Pflicht zur Überprüfung der hydraulischen Leistungsfähigkeit. Allerdings
müssen wasserrechtliche Erlaubnisse, z. B. für die einzelnen Baugebiete mit
Entwässerung im Trennsystem, regelmäßig neu beantragt werden (z. B. nach 25
Jahren). Dann muss die Hydraulik auf Grundlage der dann gültigen technischen
Regelwerke und Bemessungsniederschläge zunächst berechnet werden. Ob und welche
Maßnahmen daraus abzuleiten sind, kann Gegenstand von wasserrechtlichen
Auflagen durch das Wasserwirtschaftsamt werden.
3.
Beschränkung auf Befahrung der Sammler
Im Rahmen der dritten Befahrung der Ortskanäle wurden die
Hausanschlussleitungen nicht einbezogen – auch nicht die öffentlichen Teile der
Hausanschlussleitungen. Die Kostenschätzung des Abwasserverbands Saale-Lauer
stellt für konkrete Straßenzüge daher zunächst jeweils nur eine Teilkostenschätzung
in Bezug auf die Gesamtkosten einer Sanierung dar.
4.
Sanierungsart und Sanierungszyklen
Die nachfolgende Tabelle liefert einen guten Überblick über die
Sanierungsarten und die jeweils zu erwartenden Nutzungsdauern.
Tabelle 1: Übersicht der Sanierungsarten (Quelle: Bayerisches Landesamt für Umwelt)
Sanierungsart |
Anwendungsgebiet |
Beispiel |
Wirtschaftlichkeit |
Reparatur |
Punktuelle, örtlich begrenzte Schäden |
Abdichtung einer Rohrverbindung mit Roboter |
-
Geringe Kosten -
Geringe Nutzungsdauer: ca. 2 – 15 Jahre |
Renovierung |
Streckenschäden oder zahlreiche Einzelschäden |
Auskleidung einer ganzen Haltung mit einem harzgetränkten
Glasfaserschlauch |
-
Mittlere Kosten -
Mittlere Nutzungsdauer: ca. 25 – 50 Jahre |
Erneuerung |
Gesamter Kanal stark geschädigt oder hydraulische Leistungsfähigkeit
soll erhöht werden |
Erneuerung einer Haltung in offener Bauweise |
-
Hohe Kosten -
Hohe Nutzungsdauer: ca. 50 – 100 Jahre |
Aus den vorgenannten Aspekten ergeben sich unmittelbar folgende
Schlussfolgerungen:
Es sollte fortwährend geplant und saniert werden, um Investitionsstaus
zu vermeiden und keinen konzentrierten Handlungsdruck zu einem späteren
Zeitpunkt zu erzeugen. Zudem trägt eine kontinuierliche Investition in das
Kanalnetz zu einer relativ gleichmäßigen Gebührenbelastung für die
angeschlossenen Haushalte und Betriebe bei.
Die Gemeinde kann mit dem Ergebnis der dritten Befahrung grundsätzlich
auf unterschiedliche Weise umgehen:
a)
Die Ergebnisse werden zur Kenntnis genommen und nur
bei konkreten Baumaßnahmen einbezogen.
b)
Die Zustandsbewertung wird in einen
Gesamtsanierungsplan für das gesamte Gemeindegebiet überführt, der schrittweise
abgearbeitet wird. Bestehende Querschnitte werden weiter genutzt.
c)
Es wird die Aufstellung einer
Generalentwässerungsplanung mit hydraulischer Überrechnung für das gesamte
Gemeindegebiet in Auftrag gegeben und dann abgearbeitet.
Die Tiefbauverwaltung empfiehlt eine kombinierte Vorgehensweise:
Starke Schäden, wie z. B. Einbrüche, Scherbenbildung und größere Risse
sollten zeitnah sukzessive behoben werden, um Infiltration und Exfiltration zu
verhindern bzw. zu reduzieren. Vor der Sanierung wichtiger Hauptsammler sollte
jedoch die Leistungsfähigkeit überprüft werden. Bei Erneuerungen sollte eine
geringfügige Überdimensionierung erwogen werden.
Hausanschlüsse sollten anlassbezogen befahren werden, jedoch sollte
keine Sammlererneuerung ohne Erneuerung der Hausanschlüsse vollzogen werden.
Sofern auf Mittel aus Förderprogrammen zurückgegriffen werden kann,
sollte hiervon Gebrauch gemacht werden. Die Gemeinde Hohenroth erfüllt derzeit
die Voraussetzungen für eine Förderung nach den Richtlinien für Zuwendungen zu
wasserwirtschaftlichen Vorhaben (RZWas 2018). Die Programmlaufzeit endet mit
Ablauf des Jahres 2021.
Das Sachgebiet Tiefbau empfiehlt die Sanierung der Ortskanäle anzugehen
und in einem ersten Schritt dringend erforderliche Renovierungen und
Reparaturen bereits im kommenden Jahr vorzunehmen, um die Voraussetzung einer
möglichen Förderung nach den RZWas zu erfüllen. Der genaue Umfang der Maßnahme
muss in der weiteren Planung noch ermittelt und festgelegt werden. Nach erster
Abschätzung erscheint ein Maßnahmenvolumen von ca. 500.000 € inkl.
Baunebenkosten im kommenden Jahr umsetzbar.
Notwendige Haushaltsmittel sind im Haushaltsplan 2021 und in der
Finanzplanung vorzusehen.
Seitens der Finanzverwaltung wird auf das Erfordernis eines
gesamttragfähigen Haushaltes hingewiesen.
Der Gemeinderat wird um Kenntnisnahme, Beratung und Beschlussfassung
gebeten.
Beschluss:
Der Gemeinderat nimmt das Befahrungsergebnis der Ortskanäle zur Kenntnis
und beschließt die Sanierung der dringlichen Schäden am Entwässerungssystem
anzugehen. Die Sanierung beschränkt sich zunächst auf die Kanalrenovierung und
Reparaturen ausgewählter Haltungen.
Die Verwaltung wird beauftragt die Planung zu veranlassen, Fördermittel
zu beantragen und die Maßnahme – nach Vorliegen eines Finanzierungsplanes
(inkl. möglicher Zuwendungen) – auszuschreiben.
Die notwendigen Haushaltsmittel sind auf den Haushaltsstellen 0.7000.5100
bzw. 1.7000.9500 einzuplanen.
Abstimmungsergebnis:
Ja-Stimmen: |
15 |
Mitgliederzahl: |
17 |
Nein-Stimmen: |
0 |
Anwesend: |
15 |