Sitzung: 12.04.2011 GHR/006/2011
Zu diesem
Tagesordnungspunkt begrüßt Herr 1. Bürgermeister Georg Straub Joachim
Baumeister, Karl-Heinz Elting und Otto Behrschmidt als Vertreter der
Interessensgruppe „Gegenwind“, sowie Geschäftsstellenleiter Bernhard Rösch und
Stefan Ziegler von der Verwaltungsgemeinschaft Bad Neustadt a. d. Saale.
Herr Straub erklärt,
dass das Bürgerbegehren formell und materiell durch die Verwaltungsgemeinschaft
Bad Neustadt a. d. Saale geprüft wurde. Darüber hinaus fand eine Beratung am
Landratsamt Rhön-Grabfeld bei Herrn Regierungsdirektor Warmuth und Frau
Schuhmann sowie beim Bayerischen Gemeindetag durch Herrn Dr. Dirnberger und
Frau Stuber statt. Er bittet nun Herrn Ziegler dem Gemeinderat das Ergebnis der
Überprüfung vorzutragen.
Herr Ziegler trägt
dem Gemeinderat den Wortlaut des Bürgerbegehrens vor und geht auf die
einschlägige Rechtsgrundlage des Art. 18 a der Gemeindeordnung ein.
Für das
Bürgerbegehren wurden 787 Unterschriften abgegeben, davon 724 gültige und 63
ungültige. Die ungültigen Unterschriften beruhten auf Doppelunterzeichnungen,
fehlende Wahlberechtigung und fehlenden Wohnsitz in der Gemeinde. Die Anzahl
der Unterschriften sei bei weitem ausreichend. Die Fragestellung und Begründung
sei auf den Unterschriftslisten vorhanden, zudem seien drei
Vertretungsberechtigte Personen benannt worden. Die Fragestellung „Sind Sie
gegen die Errichtung jeglicher Windkraftanlagen auf dem Gebiet der Gemeinde
Hohenroth einschließlich der Ortsteile?“ lässt sich auch mit ja oder nein
beantworten. Die formelle Zulässigkeit sei also gegeben.
Zur materiellen
Zulässigkeit erklärt Herr Ziegler, dass die Fragestellung wie es die
Gemeindeordnung fordere eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises der
Gemeinde, nämlich die kommunale Planungshoheit betreffe. Vollständigkeitshalber
wird nochmals darauf hingewiesen, dass die Zustimmung der Gemeinde zu den
bereits beantragten vier Windkraftanlagen auch bei erfolgreichem
Bürgerentscheid nicht zurück genommen werden kann.
Bei der Entscheidung
über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens sei nach einer Entscheidung des
Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs außerdem zu prüfen, ob die im
Bürgerbegehren verfolgten Ziele mit der Rechtsordnung insgesamt im Einklang
stünden. Dies sei bei der vorgelegten Frage allerdings nicht der Fall. Der
Inhalt des Bürgerbegehrens stehe im Widerspruch zu Grundsätzen des Bauplanungsrechts.
Dieses verlange bei jeder Entscheidung eine Auseinandersetzung mit den
Gegebenheiten des Einzelfalls (Standort, Umgebung, rechtliche Situation). Eine
reine Pauschalentscheidung, wie sie das Bürgerbegehren verlange, erfülle diese
Voraussetzungen nicht. Das Bürgerbegehren unterscheide z. B. nicht nach Größe
der Windkraftanlagen (es gibt auch baurechtliche verfahrensfreie
Kleinwindkraftanlagen) und lasse keine Standortbewertung zu.
Auf planerischem Weg
könne die Gemeinde ohnehin nur in einem sehr beschränkten Umfang auf den Bau
von Windkraftanlagen Einfluss nehmen. Die erste Möglichkeit sei der
Flächennutzungsplan. Darin könnten für Windkraftanlagen positive
Standortzuweisungen vorgenommen werden, um auf diese Weise den übrigen
Planungsraum von solchen privilegierten Anlagen freihalten zu können. Eine
ausschließlich negativ wirkende Verhinderungsplanung der Gemeinde ohne
gleichzeitige positive Ausweisung geeigneter Standorte im Planungsgebiet sei
dabei aber nicht zulässig.
Die zweite
Möglichkeit Einfluss zu nehmen, liege in der Erteilung des Einvernehmens der
Gemeinde im bau- oder immissionsschutzrechtlichen Verfahren. Dort werde über
die Zulässigkeit von Vorhaben von der Baugenehmigungsbehörde (Landratsamt) im
Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Windkraftanlagen sind sogenannte
privilegierte Bauvorhaben, die nach dem Willen des Bundesgesetzgebers
grundsätzlich im Außenbereich zulässig sind. An diese Privilegierung sei auch
die Gemeinde bei der Entscheidung über das Einvernehmen gebunden. Sie dürfe ihr
Einvernehmen zum Bau solcher Anlagen nur versagen, wenn öffentliche Belange
entgegenstünden (z. B. Darstellung im Flächennutzungsplan an anderer Stelle)
und/oder die ausreichende Erschließung nicht gesichert sei.
Bei einem
angenommenen Bürgerentscheid wäre die Gemeinde gezwungen, generell
(willkürlich) ihr Einvernehmen zum Bau von in Zukunft beantragten
Windkraftanlagen zu versagen.
Als Fazit könne
festgestellt werden, dass das Bürgerbegehren mit dem Baurecht nicht zu
vereinbaren sei, weil es auf eine vorbehaltlose Verhinderung jeglicher
Windkraftanlagen abziele. Wenn das Bürgerbegehren den gesetzlichen
Anforderungen nicht entspreche, so müsse es der Gemeinderat ablehnen. Ein zu
der vorliegenden Fragestellung durchgeführter Bürgerentscheid könnte nämlich
keine rechtliche Wirkung entfalten.
Herr Ziegler
schließt seine Erläuterungen mit dem Hinweis auf die möglichen Rechtsmittel der
vertretungsberechtigten Personen. Diese können Klage auf Aufhebung der
ablehnenden Entscheidung der Gemeinde und Zulassung des Antrages zum
Verwaltungsgerichts Würzburg erheben.
Die Angelegenheit
wird nun im Gemeinderat beraten. Aufgrund des Verstoßes gegen baurechtliche
Vorschriften wird vom Gemeinderat kein Spielraum für die Zulassung des
Bürgerbegehrens gesehen. Nichts desto trotz habe aber das Bürgerbegehren durch
die große Anzahl der Unterstützer eine psychologische Wirkung, so Gerd Müller.
Erwin Kruczek geht nochmals auf das Gespräch beim Bayerischen Gemeindetag ein,
an dem auch er teilgenommen hatte. Die Mitarbeiter des Bayerischen Gemeindetags
hätten in Sachen Bürgerbegehren einen sehr großen Erfahrungshorizont, Herr Dr.
Dirnberger sei dabei auch als Experte in Sachen Baurecht landesweit anerkannt.
An dem Gespräch hätten die beiden von Anfang an ganz klar die Auffassung
vertreten, dass das Bürgerbegehren unzulässig sei. Herr 1. Bürgermeister Straub
findet es bedauerlich, dass das Bemühen der Interessengruppe „Gegenwind“ sowie
die aufwendige Unterschriftensammlung vergebens war und hätte sich gewünscht
die Vertreter des Bürgerbegehrens hätten sich im Vorfeld rechtlich beraten
lassen. Er erteilt einem Vertreter der Antragsteller das Wort.
Herr Elting betont
darauf hin, dass eine Beratung der Gruppe durch Frau Schuhmann am Landratsamt
Rhön-Grabfeld stattgefunden hatte. Er argumentiert weiter, dass eine generelle
Verhinderung von Windkraftanlagen in der Gemeinde nicht gewollt sei, dies lasse
sich auch dem Vorspann der Fragestellung des Bürgerbegehrens entnehmen. Hier
erwidert Herr Rösch, dass der Interpretation und der Auslegung des Antrags enge
Grenzen gesetzt sind. Es komme hauptsächlich auf die Fragestellung an, die aber
in diesem Fall eindeutig auf eine pauschale Verhinderung abziele. Reiner
Kusebauch spricht von einem Dilemma, indem sich das Gremium befinde. Es hätte
keine Chance gegeben, dass gemeindliche Einvernehmen zum
immissionsschutzrechtlichen Antrag für die vier Windkraftanlagen abzulehnen.
Und nun bestehe für den Gemeinderat auch keine andere Wahl, als das
Bürgerbegehren abzulehnen, was prinzipiell nicht im Interesse des Gemeinderates
sei.
Jürgen Straub ist
die Feststellung wichtig, dass es seitens des Gemeinderates zu keiner Zeit ein
gezieltes Handeln gegen das Bürgerbegehren gegeben habe. Er selbst habe sogar
dafür unterschrieben. Nach der rechtlichen Lage bleibe jetzt aber nur die
Ablehnung des Bürgerbegehrens.
Beschluss:
Das am 15.03.2011
eingereichte Bürgerbegehren mit der Fragestellung „Sind Sie gegen die
Errichtung jeglicher Windkraftanlagen auf dem Gebiet der Gemeinde Hohenroth
einschließlich der Ortsteile?“ wird als unzulässig zurückgewiesen, da die
verfolgten Ziele dem Baurecht widersprechen. Der beantragte Bürgerentscheid
wird nicht durchgeführt.
Abstimmungsergebnis:
Ja-Stimmen: |
14 |
Mitgliederzahl: |
17 |
Nein-Stimmen: |
0 |
Anwesend: |
14 |